Kein Jude in Österreich, dessen Familiengeschichte nicht von einer barbarischen Monotonie ist: vertrieben - verschollen - zufällig überlebt. Wenn wir uns anschauen, wissen wir: Auch du? Wenn wir reden, wissen wir: Kein Antisemit, ein Mensch mit Gedächtnis. Das ist nicht eben häufig in Österreich.
Es sind Gedichte, die vom Krieg in der irakischen Wüste sprechen; Gedichte, die der "Wortheimat" Wien entstammen oder beim Reisen entstanden, in Paris, in Frankfurt, Hamburg oder Berlin. Und es sind, wie immer bei Robert Schindel, inniglich zarte Liebesgedichte, die zu den schönsten unserer läge gehören - "Zuluste und zuleide".
Kühn und in alle Richtungen wuchert die Wundwurzel, Robert Schindels neue Lyriksammlung. Manche ihrer Enden ragen weit hinauf bis in die "Zukunftsgebirge", andere seitwärts in die Gegenwart, zu den "ständigen Männern in der Hotellobby" mit den "nicht ungierigen Augen", zur "nie gesehnen blonden Frau / im Speisewagen" und ins "Gezwitter dieses Sehnens / nach ausgewiesenen Bereitschaften". Wieder andere, nicht zu kappende, reichen tief in die Vergangenheit, in den Rumbulawald bei Riga, wo die "Juden unterm immergrünen Hügel" liegen, "in ihrem Totsein zugegeben unflexibel". <br />In achtundsechzig neuen Gedichten entfaltet der "jüdische Troubadour, der dunkle Humorist aus Wien" (Marcel Reich-Ranicki) erneut die ganze Meisterschaft seiner Formkunst - vom zartesten Hauch bis zum Villonschen Aufbrausen, doch stets mit einem "Lächeln / vom Augendruck her".